OP nach Nuss - LMU Klinikum München Großhadern (m, 26)

Begonnen von Jo1996, 04. Dezember 2022, 22:28:22

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Jo1996

Hallo zusammen,

nachdem ich bisher vor allem mitgelesen und von Euren Erfahrungswerten profitiert habe, nun auch ein Erfahrungsbericht von meiner Trichterbrust-Korrektur nach Nuss im LMU Klinikum München Großhadern. Weil ich relativ viel Respekt vor der OP und dem Krankenhausaufenthalt insgesamt hatte, fällt mein Bericht etwas umfangreicher aus. Vielleicht nimmt das dem ein oder anderen etwas die Angst :-)

I. Ausgangslage und erste Untersuchung

Dass ich (männlich, 26 Jahre) eine Trichterbrust habe (bzw. hatte), wurde bei mir erst als Erwachsener (etwa mit 19 Jahren) diagnostiziert, und zwar auch nur beiläufig im Rahmen einer Voruntersuchung für eine andere OP. Schon als Kind litt ich unter Rücken-, Nacken- und Schulterschmerzen infolge schlechter Körperhaltung, die allerdings nie auf meine Trichterbrust, sondern immer auf meine (geringfügige) Skoliose und Morbus Scheuermann zurückgeführt wurde. Seitdem war ich regelmäßig in orthopädischer und physiotherapeutischer Behandlung, wodurch die Problematik besser wurde. In den vergangenen Jahren kamen aber auch andere Beschwerden wie Reflux, Engegefühl und Schmerzen in der Brust (um das Brustbein herum) sowie Belastungsdyspnoe (insbesondere beim Sport) hinzu, sodass ich im vergangenen Frühjahr mit 25 Jahren erneut ärztlich vorstellig wurde.

Meine Trichterbrust war optisch nicht sonderlich ausgeprägt, weshalb ich von den Ärzten, die ich aufsuchte (Hausarzt und zwei Orthopäden) nur belächelt wurde. Sätze wie ,,es muss nicht jeder sportlich sein und eine gute Kondition haben", konnte ich als begeisterter, aber zunehmend sportlich eingeschränkter Triathlet schlicht nicht akzeptieren. Deshalb wandte ich mich aus eigener Initiative direkt an die thoraxchirurgische Abteilung des LMU Klinikums München in Großhadern, die ich über eine Google Recherche ausfindig machte und vereinbarte telefonisch einen Sprechstundentermin. Zumindest in meinem Fall (privat versichert) ging das ohne Überweisung.

Da ich keinerlei Vorbefunde vorweisen konnte, wurde ich in der Sprechstunde zunächst von einem Oberarzt der Abteilung (PD Dr. Sienel) klinisch untersucht. Er stellte die Diagnose (,,deutliche, nahezu symmetrische Trichterbrust, insbesondere das untere Drittel des Sternums betreffend, ohne Rippenbuckel"). Ich wurde nach meinen Beschwerden im Alltag (auch mithilfe eines Fragebogens) und meiner vorherigen Krankheitsgeschichte befragt. Dann wurde mir kurz erklärt, welche Behandlungsoptionen zur Verfügung stünden: Neben weiterer Physiotherapie und der Saugglockenbehandlung käme bei mir insbesondere eine Operation nach Nuss in Frage. Physiotherapie würde die Beschwerden zwar lindern, aber nie ganz beheben; außerdem müsse sie kontinuierlich fortgesetzt werden. Eine Saugglockenbehandlung lasse in meinem Alter erfahrungsgemäß keine nachhaltigen und zufriedenstellenden Ergebnisse erwarten. Deshalb wurde mir zu einer Nuss-OP geraten. Die Operation sei in meinem Alter gut durchführbar, weil ich schon ausgewachsen bin. Der Brustkorb sei mit Mitte 20 noch hinreichend flexibel für eine Korrektur, aber auch bereits hinreichend steif, sodass kein allzu großes Rezidivrisiko nach Metallentfernung zu erwarten sei. Ausgehend von meinem Augenscheinbefund sollten meine Beschwerden durch eine Nuss-OP vollständig zu beheben sein und ich dürfte mich auf ein kosmetisch schönes Ergebnis freuen. Danach wurde ich über die Risiken des Eingriffs und insbesondere die damit verbundenen Schmerzen aufgeklärt und mir wurde die Operationstechnik erläutert, bis alle meine Fragen beantwortet waren. Schließlich schickte man mich noch zum klinikeigenen Fotografen, der eine Fotodokumentation meiner Trichterbrust anfertigte.

II. Das weitere Procedere

Nach wenigen Wochen erhielt ich Post aus Großhadern. Sofern mein Behandlungswunsch fortbesteht, solle ich gewisse Untersuchungen bei niedergelassenen Fachärzten durchführen lassen, um die Diagnose abzusichern. Zunächst ließ ich ein CT des Thorax in Exspiration durchführen, was es dem Radiologen erlaubte, Haller-Index und Korrekturindex zu berechnen. Danach war ich beim Kardiologen, der eine Ruhe-Echokardiographie und ein Stressecho durchführte. Schließlich musste ich noch zum Lungenfacharzt, der diverse Messungen vornahm und ein signifikant vermindertes Lungenvolumen feststellte. Alle Befunde schickte ich via E-Mail an die Thoraxchirurgie in Großhadern. Einige Zeit später erhielt ich daraufhin vom LMU Klinikum Post mit einem Antrag auf Kostenübernahme, den ich zusammen mit allen Befunden und der Fotodokumentation bei meiner Versicherung einreichte. Die Zusage der Kostenübernahme vom Versicherer kam wenige Tage später.

III. Zweitmeinung

Obwohl ich fachlich wie persönlich einen guten Eindruck von der thoraxchirurgischen Abteilung des LMU Klinikums Großhadern hatte, wollte ich gerne eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Nicht aus Misstrauen, sondern eher zu meiner eigenen Gewissheit. Weil die Trichterbrust im Erwachsenenalter nicht überall operiert bzw. behandelt wird, kam in meiner Nähe nur die thoraxchirurgische Klinik des städtischen Krankenhauses Bogenhausen in Frage. Dort vereinbarte ich einen Sprechstundentermin. Befunde und Schriftverkehr mailte ich vorab an das Sekretariat. Ein Oberarzt der Klinik (Dr. Hiebinger) hatte die Befunde bereits gelesen und nahm sich viel Zeit, um mit mir die Diagnose, die Behandlungsoptionen sowie deren Risiken und Chancen durchzusprechen. In meinem Fall sei die OP medizinisch indiziert, es handle sich allerdings nicht um einen Muss-, sondern um einen Kann-Eingriff. Unabhängig davon, ob ich mich operieren lasse oder nicht, hätte ich nach Aussagen des Arztes nicht mit weiteren gravierenden gesundheitlichen (Schäden an Herz oder Lunge etc.) oder finanziellen (Versicherungsregress etc.) Nachteilen zu rechnen. Auch das beruhigte mich. Auf die Frage hin, wie oft Nuss-Operationen in Bogenhausen durchgeführt werden, gab man mir die ehrliche Antwort, dass das LMU Klinikum wohl bedeutend mehr Erfahrungen aufzuweisen hätte. Außerdem wurden mir weitere Adressen in Bayern genannt, an die ich mich für eine Drittmeinung hätte wenden können. Mit der Beratung in Bogenhausen war ich überaus zufrieden. Außerdem wurde mir der Sprechstundentermin nicht einmal in Rechnung gestellt.

IV. Entscheidung pro OP und Planung

Nach dem Termin in Bogenhausen nahm ich mir bewusst ein paar Tage Zeit, um mir die Operation noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Eine weitere ärztliche Einschätzung brauchte ich nicht. Letztlich entschied ich mich dafür, den Eingriff in Großhadern durchführen zu lassen. Insbesondere wollte ich eine nachhaltige Behebung der Ursache meiner Beschwerden; aus rein kosmetischen Gründen hätte ich mich nicht operieren lassen (daher kamen aus Silikonimplantate usw. nicht in Betracht). Ich nahm eine längere Rehabilitationszeit und die Schmerzen in Kauf, um dafür auf lange Sicht beschwerdefrei zu werden. Leider war es sehr schwer, eine klare Antwort zu erhalten, ob die Beschwerdesymptomatik mit dem Alter zunehmen wird. Allerdings schwebte mir noch durch den Hinterkopf, dass ich mit nun 26 Jahren im ,,besten OP-Alter" sei. Daher die Entscheidung pro OP. Weil das LMU Klinikum Großhadern einen positiven Eindruck bei mir hinterlassen hatte, ich dort gut beraten und untersucht wurde, mehr Erfahrung als das Klinikum Bogenhausen hat und letztlich näher an meinem Wohnort liegt, entschied ich mich, den Eingriff dort vornehmen zu lassen. Weil sich aber mit Blick auf die Zeitplanung (Krankschreibung, Ausfallzeit, Schmerzmittelbedarf, Sportuntauglichkeit etc.) noch einige konkretere Fragen aufstauten, vereinbarte ich einen weiteren Sprechstundentermin, bei dem mir erneut PD Dr. Sienel Rede und Antwort stand.

Einige Zeit später vereinbarte ich telefonisch einen OP-Termin beim Zentralen Patientenmanagement der LMU Klinik. PD Dr. Sienel hatte bereits einige Dokumente ausgefüllt, die die Terminvereinbarung erleichterten. Per E-Mail erhielt ich weitere Unterlagen (stationärer Aufnahmebogen, Medikation, Adresse von Angehörigen und Ärzten etc.), die ich bei der stationären Aufnahme ausgefüllt und unterschrieben mitbringen sollte. Anberaumt wurde die OP für den 20. September, wobei die stationäre Aufnahme bereits am Vortag erfolgen sollte. Letztlich bin ich jedoch kurz vor dem OP-Termin an Corona erkrankt, weshalb der Eingriff nicht stattfinden konnte. Nach einer ,,Schonzeit" von mindestens sechs Wochen (ausgehend vom Tag des ersten positiven Covid-Tests) wäre die OP zwar bereits wieder möglich gewesen. Aufgrund privater Termine verschob sich die OP letztlich allerdings auf den 15. November.

V. Aufnahme, OP und Krankenhausaufenthalt

1. Stationäre Aufnahme (Montag – 14. November)

Am 11. November (Freitag) erschien ich zum PCR-Test in der Chirurgischen Poliklinik B. Diesen Termin vereinbarte ich zeitgleich mit dem eigentlichen OP-Termin. Am Nachmittag erhielt ich allerdings einen Anruf, dass meine OP wegen dringender Transplantationen um drei Tage verschoben werden müsse. Dennoch erhielt ich am 14. November (Montag) einen Anruf von PD Dr. Sienel, dass ich nun doch schon stationär aufgenommen werden könne. Mehr oder weniger spontan musste ich daraufhin meine Tasche packen und zum Klinikum fahren. Nach der Anmeldung in der Chirurgischen Poliklinik A wurde ich in die Anästhesieambulanz geschickt, wo ich zunächst einen Fragebogen zu akuten und chronischen Vorerkrankungen und meiner bisherigen Medikation ausfüllen musste. Anschließend hatte ich zunächst ein Gespräch mit einer Apothekerin, die mir Fragen zu meinen Medikamenten stellte. Danach folgte das Anästhesiegespräch, im Rahmen dessen man mir Fragen zu Vorerkrankungen und vorherigen Operationen stellte. Ich wurde über die Risiken des geplanten Narkoseverfahrens aufgeklärt und mir wurde, neben der Vollnarkose, eine Periduralanästhesie nahegelegt, da sich dadurch die postoperativen Schmerzen besser behandeln ließen. In die PDA willigte ich ein, was ich nachträglich auch nicht bereut habe.

Anschließend ging es auf die Station H6. Dort empfing man mich sehr freundlich. Man sichtete meine Unterlagen, machte erneut einen PCR-Test und brachte mich auf mein Zimmer (Drei-Bett-Zimmer in Einzelbelegung). Dort wurde mir kurze Zeit später Blut abgenommen. Außerdem führte eine Medizin-Studentin – ,,zum Üben", wie mir später gesagt wurde – einige neurologische Test durch, ehe ich zum Röntgen des Thorax (Ausschluss einer akuten Lungenentzündung etc.) und zum EKG geschickt wurde. Danach kam auch bereits eine Assistenzärztin der Thoraxchirurgie vorbei, die mit mir den geplanten Eingriff, die Risiken und die Schmerzbehandlung nochmal genau durchsprach. Dabei teilte sie mir mit, dass kurzfristig ein Bett auf der Privatstation F21 frei geworden sei und sie mich gerne dorthin verlegen würde, weil ich privat versichert sei. Als ich auf der Station F21 ankam, empfing man mich auch dort sehr herzlich. Die Station war viel kleiner und moderner; dennoch waren sehr viele Pfleger und – wie ich später gesagt bekam – Service-Kräfte aus dem Hotel- und Gastronomiebereich im Dienst. Mir wurde sogleich mein Zimmer gezeigt, das sehr hell, freundlich und fast wohnlich eingerichtet war. Mein Zimmernachbar war sehr nett und wir kamen die ganze Zeit über gut miteinander aus. Kurz darauf kam eine Service-Mitarbeiterin vorbei, die mich nach meinen Essens-Wünschen, Handtuchwechsel und dergleichen befragt hat. Dann gab's (um 16:30 Uhr) Abendessen, das weder besonders schlecht noch besonders gut war. Krankenhausessen eben. Am Abend kamen zwei Pfleger vorbei, die die Medikamente brachten (Mir-alles-egal-Pille), Vitalwerte erhoben und nach dem Rechten sahen. Auf Anweisung rasierte ich mir dann noch den Oberkörper für die morgige OP. Die Aufregung hielt sich in Grenzen, sodass ich noch ein wenig streamte (kostenloses W-LAN) und dann ins Bett ging.

Am kommenden Morgen gab es natürlich kein Frühstück, da ich für die OP nüchtern bleiben musste. Allerdings kam kurz nach 9 Uhr bereits die thoraxchirurgische Visite. Die beiden Operateure (PD Dr. Schneider und Dr. Fertmann) sowie die weiteren Chirurgen der Abteilung begrüßten mich und meinten, dass der Eingriff bald beginnen könne. Eine Schwester brachte ein OP-Hemd, das ich sogleich anzog. Kurze Zeit später wurde ich mitsamt dem Krankenbett von einem Transportfahrer abgeholt und in das OP-Zentrum gebracht. Nach kurzer Wartezeit kam eine sehr nette Schwester, die mich umbettete und mit mir wartete, bis der Oberarzt der Anästhesie kam, um mir den PDA zu setzen, was übrigens überhaupt nicht schmerzhaft oder unangenehm war. Dann ging's auch schon los, ich bekam eine Maske vorgehalten und war weg.

2. Die Operation (Dienstag – 15. November)

Laut OP-Bericht, Entlassungsbrief und Visite kann ich über die OP selbst Folgendes berichten: Mir wurden zwei Metallbügel der Firma Biomet (14 und 15 Inch) implantiert, die jeweils mit einer Seitenplatte (eine rechts, eine links) versehen sind. Zwei Bügel, weil das Sternum doch tiefer saß als nach den Röntgen- und CT-Bildern zu vermuten war und somit eine bessere Druckverteilung erreicht wurde. Außerdem gleicht der obere Bügel eine weitere leichte Einsenkung des Brustbeins aus, die sich ertasten, allerdings nicht sehen ließ. Die beiden Bügel befinden sich beide im unteren Drittel des Brustbeins. Die Intubationsnarkose sowie die gesamte OP waren komplikationslos.

3. Unmittelbar nach der OP (Dienstag – 15. November)

Obwohl ich relativ früh zur OP abgeholt wurde, kam ich erst irgendwann um 18 Uhr im Aufwachraum des OP-Zentrums zu mir. Wie lang der Eingriff dauerte und wie lange ich lediglich schlief, kann ich nicht genau sagen. Ich wurde zunächst noch im Liegen geröntgt und sodann zurück aufs Stationszimmer gebracht, wo ich dann für den ersten Abend zu nichts mehr zu gebrauchen war. Ich bekam nicht einmal mit, dass das Abendessen gebracht wurde und aß dementsprechend nichts – Hunger hatte ich aber eh nicht. Ich konnte mich schmerzbedingt kaum bewegen. Auch Sprechen fiel wegen der Intubation noch schwer. Mir wurde zwar gezeigt, wie man die Schmerzpumpe bedient (einmal den Bolus drücken und kurzzeitig fließt einmal pro Stunde mehr Schmerzmittel durch den Periduralkatheter), allerdings schaffte ich es aufgrund der Schmerzen und mangels Beweglichkeit ohnehin nicht, den Knopf, der am Bettgalgen befestigt war, zu betätigen. Ich erinnere mich noch, dass – wie jeden Abend und Morgen – Vitalwerte erhoben wurden, bevor ich wieder ein wenig wegdämmerte.

Die erste Nacht war ansonsten sehr schmerzhaft und kaum erholsam. Jeder Atemzug tat sehr weh und fühlte sich an, wie ein Stich in die Lunge. Hinzu kam, dass ich keine halbwegs einzunehmende Schlafposition (Rückenlage natürlich) fand, in der Rücken und Nacken weniger schmerzten – das Schlafen in Rückenlage hätte ich vor der OP besser einüben sollen! Als routinemäßig ein Pfleger vorbeischaute, bat ich um ein weiteres Kissen für den Nacken, das das Liegen bereits um ein Vielfaches angenehmer machte. Außerdem fragte ich nach einem (weiteren) Schmerzmittel, das mir die Nacht ein wenig erträglicher machte – am nächsten Morgen in der Visite erfuhr ich, dass das die ,,Not-Medikation" gewesen ist. Nichtsdestotrotz habe ich in dieser Nacht kaum geschlafen oder gedöst. Vielmehr habe ich aus dem Fenster gesehen und sie Sekunden und Minuten gezählt, bis die Nacht vorbei war und die Sonne aufgeht.

Jo1996

4. Erster Tag nach der OP (Mittwoch – 16. November)

Am nächsten Morgen kam kur vor 7 Uhr eine Schwester mit dem Medikamenten-Dispenser, bevor um 7:30 Uhr das Frühstück gebracht wurde. Erst da bemerkte ich, dass ich nicht nur über einen dünnen Schlauch aus meinem Rücken mit der Schmerzpumpe verbunden bin, sondern auch einen Blasenkatheter sowie eine Thoraxdrainage angelegt bekommen hatte. Hinzu kamen mehrere ,,normale" Zugänge in beiden Händen, Handgelenken und Unterarmen sowie ein Zentraler Venenkatheter rechts am Hals, die mich wie ein Nadelkissen fühlen ließen.

Zwar hatte ich keinen Hunger, allerdings motivierte mich die Service-Kraft dazu, wenigstens eine Kleinigkeit zu essen. Dazu musste ich mich aber erst einmal aufrichten, um an der Bettkante sitzend überhaupt an das Tablett heranzukommen. Mich stellte das unter den konkreten Umständen vor eine nicht überwindbare Herausforderung. Zwar versuchte ich noch, den Kopfteil des Bettes elektrisch möglichst aufzurichten, damit ich wenigstens schon einmal annähernd sitze. Allerdings hinderten mich nicht nur die Schmerzen daran, nach links zur Bettkante zu rutschen: Die Schmerzpumpe samt Bolus war am Bettgalgen über mir befestigt, der Blasenkatheter hing links am Bett und die Pumpe der Thoraxdrainage stand rechts neben dem Bett in einer Ladestation auf dem Boden. Alle drei hätte ich erst umpositionieren müssen, ehe ich mich überhaupt hätte aufrichten können – daily struggle eines Trichterbrust-Operierten :-). Ich beschloss daher, das Frühstück ausfallen zu lassen, was zwei eher ,,resoluten" Krankenschwestern weniger gefiel. Diese meinten, ich müsse heute bereits aufstehen, woran im Moment nicht zu denken war, jedenfalls nicht ohne stärkere Schmerzmittel und Unterstützung.

Kurz nach 9 Uhr fand die thoraxchirurgische Visite statt. Man erkundigte sich nach meinen Schmerzen und sah sich Brust und Thoraxdrainage kurz an. Die OP sei gut und komplikationsfrei verlaufen und ich könne mich auf ein schönes Ergebnis freuen. Auf meine Frage hin, wie ich es schaffen sollte aufzustehen, meinten die Ärzte, dass das heute noch nicht nötig und daher auch noch kein Physiotherapeut bestellt worden sei. Wegen der Schmerzen kam kurze Zeit später ein Team der Schmerzambulanz vorbei, das mich zu meinem Befinden befragte und daraufhin die Dosis des Schmerzmittels erhöhte, das mir kontinuierlich über den Periduralkatheter verabreicht wurde; zusätzlich erhielt ich einen weiteren Bolus pro Stunde. Daraufhin wurden die Schmerzen viel leichter zu ertragen. Durch die höhere Dosis Fentanyl schaffte ich es, wenn auch unter großem Kraftaufwand und mit einigen Schmerzen, mich an die Bettkante zu setzen und meine Tabletten (viermal täglich Paracetamol, Metamizol und Ibuprofen, morgens zusätzlich Pantoprazol) sowie Mittag- (12:30 Uhr) und Abendessen (16:30 Uhr) einzunehmen. Am Vormittag wurde mir außerdem der Blasenkatheter entfernt; meiner Ansicht nach etwas zu früh. Jedenfalls fühlte ich mich noch nicht mobil genug, um selbstständig ins Bad zu gelangen. Am frühen Nachmittag wurde ich von einem Transportfahrer zum Röntgen gebracht, wo ich kurz für die Aufnahme aufstehen sollte. Dabei wurde mir kurzzeitig schwarz vor Augen und ich wäre beinahe umgekippt. Beim zweiten Anlauf konnte das Röntgenbild im Stehen allerdings angefertigt werden, ehe ich auf Station zurückgebracht wurde. Die Nacht war ansonsten sehr durchwachsen. Einige Male kamen Schwestern und Pfleger vorbei, um mir ein Antibiotikum zu verabreichen oder Vitalwerte zu erheben. Allerdings kein Vergleich zur ersten Nacht :-)

5. Zweiter Tag nach der OP (Donnerstag – 17. November)

Der zweite postoperative Tag ließ sich bereits um einiges besser aushalten. Nach der sehr kurzen Visite kam das Team der Schmerzambulanz erneut vorbei und konnte die Schmerzmitteldosis wieder senken, was gut zu vertragen war. Weil der Periduralkatheter morgen gezogen werden soll, wurde zeitgleich Ibuprofen abgesetzt. Frühstück, Mittag und Abendessen konnte ich ohne Probleme zu mir nehmen. Am Vormittag begann die Schmerzpumpe lautstark auf sich aufmerksam zu machen, woraufhin ich den Schwesternruf betätigte. Ein Schlauch war gerissen, wurde aber sogleich wieder repariert. Auf Nachfrage wurde mein Gewissen beruhigt; zu einem solchen Defekt käme es sehr häufig und er beruhe regelmäßig nicht auf einem Fehlverhalten des Patienten.

Im Laufe des Tages kam eine Krankenschwester vorbei, die mir mitteilte, ich solle dringend meine Angehörigen anrufen, da sich diese schon zwei Tage lang auf Station bei ihr erkundigten, wie es mir geht. Weil ich mich bisher weder in der Lage (Kurzatmigkeit) noch in Stimmung fühlte, lange Zeit zu telefonieren, hatte ich darauf vertraut, dass meine Verwandten informiert wurden oder auf Rückfrage wenigstens Auskunft erhielten. Schließlich hatte ich sie zu diesem Zweck auf mehreren Aufnahmeformularen namentlich angeben müssen. Dies hatte leider nicht geklappt.

Am frühen Nachmittag kam zum ersten Mal ein Physiotherapeut vorbei, der mich mit dem Atemtrainingsgerät (CliniFlo) vertraut machte und mir half, die ersten paar Meter mit einem Gehwagen zurückzulegen. Danach ging ich zum ersten Mal nach der OP allein zur Toilette, was insoweit beschwerlich war, als ich nach wie vor an der Schmerzpumpe und der Thoraxdrainage hing, mithin zwei schwere Gerätschaften mit mir herumschleppen musste, möglichst ohne Schläuche abzuknicken und dergleichen.

Die Nacht verlief einigermaßen unruhig. Ich bekam wieder ein Antibiotikum über den ZVK verabreicht und Vitalparameter wurden erhoben. Zusätzlich kam nachts ein Pflege-Azubi, der mir etwas unbeholfen die Zugänge an Armen und Händen entfernte, woraufhin ich das Bett vollblutete. Als das Bett frisch bezogen war, meldete sich auch sogleich wieder die Schmerzpumpe, weil der Fentanyl-Vorrat aufgebraucht war. Nachdem der Infusionsbeutel ausgetauscht war, kehrte so langsam Ruhe ein.

6. Dritter Tag nach der OP (Freitag – 18. November)

Nach der Visite am Freitag wurde zunächst die Thoraxdrainage von zwei Assistenzärzten entfernt. Dazu musste man auf Kommando tief ein- und ausatmen. Die Prozedur war durchaus etwas schmerzhaft, auch wenn der Schmerz schnell wieder verging. Anschließend kam das Team der Schmerzambulanz vorbei, um den Periduralkatheter samt Schmerzpumpe kaum merklich zu entfernen. Da nun beide Geräte weg waren, fiel auch das Aufstehen deutlich leichter und das brennende Gefühl, das ich bei der Annaht der Thoraxdrainage hatte, verschwand. Nachdem die Schmerzpumpe nun entfernt war, wurde mir wieder Ibuprofen verordnet. Nichtsdestotrotz fiel ich in ein kleines Loch und die Schmerzen nahmen wieder zu. Auszuhalten waren die Schmerzen erst, als ich mit dem Abendessen um 16:30 Uhr Tilidin in Tablettenform bekam – die Verordnung von Tilidin war offenbar planwidrig verzögert, wie ein Pfleger meinte. Die Physiotherapie kurz nach Mittag verlief dementsprechend schleppend.

Am späten Nachmittag wurde mein Zimmernachbar entlassen und ich war bis zu meiner eigenen Entlassung allein im Zimmer. Als ich gerade das Antibiotikum via ZVK erhielt, bekam ich allerdings aus heiterem Himmel einen schlimmen Husten mit Auswurf, den ich zunächst versuchte zu unterdrücken; schließlich schmerzte der Bügel und die linke obere Brust bei jeder noch so kleinen Erschütterung. Allerdings entwickelte sich in den nächsten Minuten ein regelrechter Hustenanfall, woraufhin ich den Schwesternruf betätigte. Kurz danach kam ein Pfleger vorbei, der etwas überfordert wirkte. Es gab mir Sauerstoff und etwas zum Inhalieren, später verabreichte er mir ein Medikament, was jedoch nicht wirklich half. Ich hatte den Eindruck, allmählich keine Luft mehr zu bekommen, weil ich permanent husten musste; die Schmerzskala hatte ich annähernd ausgeschöpft. Als meine Sauerstoffsättigung abnahm, wurde die Dienstärztin hinzugerufen, die ein Röntgen des Thorax veranlasste. Zu diesem Zeitpunkt dauerte der Hustenanfall bereits anderthalb Stunden an. Kurz, bevor ich zum Röntgen abgeholt wurde, war der Husten genauso schnell verschwunden, wie er kam. Auf dem Röntgenbild war nichts Auffälliges zu erkennen. Trotzdem war ich danach so entkräftet, dass ich das Abendessen nicht runter bekam. Die Nacht war wenig erholsam.

7. Vierter Tag nach der OP (Samstag – 19. November)

Am Samstag ging es stetig und rapide bergauf. Ich konnte das Bett relativ oft verlassen und auch ein paar weitere Strecken zu Fuß zurücklegen, ohne auf den Gehwagen angewiesen zu sein. Im Rahmen der Visite, die heute von einem Assistenzarzt abgehalten wurde, fragte ich wegen des gestrigen Hustenanfalls. Dieser war überrascht, meinte jedoch, dass das noch eine Folge der Intubation und Beatmung sein könnte. Er verordnete mir daraufhin einen Schleimlöser. Außerdem hatte ich seit der stationären Aufnahme, also mittlerweile knapp sechs Tage, keinen Stuhlgang mehr, worauf ich ihn hinwies. Dies sei eine übliche Nebenwirkung der Opiate, die die Verdauung verlangsamten. Mir wurde Moviscol und Magnesium verordnet, die auch alsbald wirkten. Die Physiotherapeutin, die heute zu mir kam, zeigte mir Techniken, mithilfe derer das Husten und Niesen besser auszuhalten sind (Hände vor der Brust verschränken bzw. mit den Händen, einem Handtuch oder Kissen auf die schmerzenden Stellen drücken) und eine Übung, die das Abhusten erleichterte (tief einatmen, Luft kurz anhalten und dann schnell und kräftig Hauchen). Diese Tipps halfen mir auch nach der Entlassung sehr weiter. Ansonsten fühlte ich mich gut genug, um mich heute erstmals ohne Hilfe zu waschen bzw. zu duschen (Tipp: das Jod lässt sich am besten mit einem Frottee-Tuch entfernen; die Pflaster gehen gut mit Pflasterentferner oder alternativ mit Speiseöl ab). Außerdem konnte ich endlich wieder eigene Kleidung anziehen, nachdem Schmerzpumpe und Thoraxdrainage entfernt waren.

8. Fünfter Tag nach der OP (Sonntag – 20. November)

Am Sonntag wurde die Visite wieder von einem der Oberärzte durchgeführt. Dort wurde mir zunächst eine Entlassung in Aussicht gestellt. Allerdings fühlte ich mich noch nicht fit genug, um meinen Alltag wieder allein bestreiten zu können. Deshalb empfahl mir der Arzt, doch noch eine Nacht auf Station zu verbringen. Zu meiner großen Freude wurde auch endlich der Zentrale Venenkatheter gezogen, der sich von Tag zu Tag lockerte und einfach nur noch störte. Mit den Schmerzen kam ich schon einigermaßen gut zurecht, die Medikation stimmte. Am Nachmittag wurde ich noch einmal zum Röntgen gebracht. Ansonsten verlief der Tag sehr ruhig.

9. Sechster Tag nach der OP (Montag – 21. November)

Am Montag ging es mir schon wieder relativ gut. Natürlich hatte ich noch Schmerzen und war in der Beweglichkeit eingeschränkt, aber ich wollte definitiv nach Hause, um dort gesund zu werden. Bei der Visite sahen sich die Chirurgen ein letztes Mal meine Brust und die Narben der Operation an und entschieden mich zu entlassen. In zwei bis drei Jahren solle ich mich in der Sprechstunde zwecks Metallentfernung melden; zu regelmäßigen Kontrollterminen müsse ich nicht erscheinen, bei Fragen oder Beschwerden könne ich mich allerdings jederzeit melden. Extrem- und Kontaktsportarten sind tabu. Ich solle mindestens vier Wochen in Rückenlage schlafen, starke Dreh- und Kippbewegungen des Thorax vermeiden und die Beweglichkeit in den nächsten drei Monaten schmerzadaptiv ausbauen; auf Belastungen des Thorax und Schultergürtels müsse für sechs Monate gänzlich verzichtet werden. Kurze Zeit später, als ich bereits dabei war, meine Tasche zu packen, händigte man mir noch den Entlassungsbrief, ein Rezept für Physiotherapie inklusive Schema und ein Rezept für Medikamente aus. Die bereits hergerichteten Medikamente für heute durfte ich mitnehmen. Als ich zur Abreise bereit war, gab ich mein Gepäck noch beim Schwesternzimmer in Verwahrung, weil ich noch einmal zum Fotografen musste. Anschließend begleitete mich ein Pfleger bis zum Haupteingang der Klinik, wo ich von Verwandten abgeholt wurde.

VI. Die erste Zeit zuhause

Daheim lasse ich die erste Zeit – mittlerweile ist die OP etwas länger als 2,5 Wochen her – ruhig angehen. Ich sitze viel und muss die Bewegung leider stärker reduzieren, als mir lieb ist. Die Schmerzen sind doch einfach noch zu groß. Im Alltag komme ich relativ gut zurecht, auch wenn Bewegungsradius (insbesondere der der Arme) und Kraft noch deutlich reduziert sind. Das merke ich etwa, wenn ich meine Schuhe binden will, ein T-Shirt oder Pulli an- oder ausziehe oder auch einfach, wenn ich etwas aus einem oberen Regalfach heben will. Etwas unwohl fühle ich mich, wenn ich – als Beifahrer – im Auto sitze, wo jede Bodenwelle etwas schmerzt. Auch beim Gehen muss ich noch etwas langsamer machen; die Erschütterung bei jedem Schritt tut etwas weh.

Was die Medikation anbelangt, konnte ich bereits am dritten Tag nach der Entlassung vollständig auf Opiate verzichten. Ibuprofen und Paracetamol wirken zuverlässig und schnell (etwa 30 Minuten).
Dauerhafte Schmerzen habe ich keine mehr. Neben dem soeben beschriebenen Erschütterungsschmerz, tun vor allem gewisse Bewegungen und Verrenkungen weh. Meistens spüre ich den Schmerz entweder seitlich, wo die Stabilisationsplatten liegen oder an den Rippenbögen. Beim Husten oder Niesen ist der Schmerz kurioserweise eher weit oben an der linken Brustmuskulatur. Ansonsten verspüre ich oft einen gehörigen Druck beider Bügel auf die Rippen. Im Bereich der Brust, wo die Bügel verlaufen, habe ich noch konstant Gefühlstörungen (Taubheit, Pelzigkeit, Gereiztheit der Nerven, Wärme).

Freizeitaktivitäten und insbesondere Sport lasse ich bis dato noch ruhen. Ich schlafe nach wie vor in aufrechter Rückenlage. Das ist momentan mit am bequemsten und erholsamsten. Um weiteren Hustenanfällen vorzubeugen, inhaliere ich regelmäßig mit isotonischer Salzlösung. Darüber hinaus trainiere ich zweimal am Tag mit dem Atemtrainingsgerät, das man mir in der Klinik gab. Seit Mitte dieser Woche (also nach etwas mehr als zwei Wochen post OP) bin ich in physiotherapeutischer Behandlung, wo vor allem Lymphdrainagen durchgeführt wurden; im Bereich der Achseln und der OP-Narben seien noch leichte Schwellungen zu verorten. Insgesamt versuche ich, mich möglichst normal zu bewegen und normal zu atmen, was manchmal besser und manchmal weniger gut gelingt. Ansonsten bemühe ich mich um eine möglichst aufrechte und gute Körperhaltung, was meiner Wahrnehmung nach auch etwas den Druck der Bügel auf die Rippen mindert.

Vor zwei Tagen, also etwa 2,5 Wochen nach der OP, war ich noch einmal in der LMU Klinik zum Fädenziehen. Zwar hätte ich dazu auch zu meinem Hausarzt gehen können; weil ich aber ohnehin in Kliniknähe wohne, wurde mir angeraten, nochmal in die Sprechstunde zu kommen. Das Ziehen der Fäden war nicht unbedingt angenehm, aber auch nicht schmerzhaft. Dabei tastete ein Assistenzarzt auch gleich die Bügel ab, ohne Auffälliges festzustellen. Das OP-Ergebnis sei überaus gut und die Narben würden gut verheilen. Für die Abrechnung mit meiner Versicherung druckte er mir sodann noch den OP-Bericht und die letzten Röntgenbilder aus.

VII. Zwischenfazit (4. Dezember – 2,5 Wochen nach der OP)

Optisch gefällt mir das Ergebnis der Operation schon sehr gut, auf wenn die Umgebung noch etwas geschwollen ist und die Narben hervorstechen. Die Muskulatur sitzt endlich dort, wo sie hingehört; der Brustkorbe hat eine Form, wie man sie sich vorstellt und auch die Rippen stehen nicht mehr so arg vor. Seit der OP habe ich gut an Muskulatur eingebüßt und etwas Gewicht zugenommen. Von daher freue ich mich, sobald ich wieder ins Training einsteigen und auch die Brustmuskulatur wieder etwas formen kann. Ich bin guter Dinge, dass die Schmerzen bald vergehen oder ich mich zumindest daran gewöhne. Nach erst einer Behandlung beim Physiotherapeuten kann ich diesbezüglich noch keine verlässliche Einschätzung abgeben. Allerdings bin ich auch bezüglich dessen Nutzen optimistisch. Ich werde abwarten und gerne berichten, wie es mit der Genesung weitergeht :-)

TB98

Hey,

kannst du uns ein Update geben? Ich bin auch 26 und stehe vor einer OP. Habe deinen Bericht mit großem Interesse gelesen und mich würde wirklich interessieren wie es dir heute geht, ob du die OP nochmal machen würdest und vor allem wie die weiteren Wochen waren. Danke dir und liebe Grüße

Jo1996

Hallo TB98,

mittlerweile geht es mir ziemlich gut. Die OP ist jetzt etwas mehr anderthalb Jahre her. Meistens vergesse ich, dass nach wie vor Bügel in meiner Brust sind. Nur wenn ich es mir wirklich bewusst mache, merke ich, dass da noch etwas ist. Ganz ganz selten, etwa wenn ich eine doofe Bewegung (z.B. eine Verwindung des Oberkörpers) mache oder nachts blöd auf den seitlichen Platten liege, tut es noch etwas weh. Aber eher so, als wenn man unsanft angerempelt wird: Man merkt es kurz, und nach wenigen Minuten ist es auch schon wieder von alleine weg. Auch die Gefühlstörungen auf Höhe der Bügel sind komplett weg, genauso wie die Erschütterungsschmerzen beim Niesen, Husten oder ähnlichem.

Optisch ist das Ergebnis sehr schön geworden. Nachdem die Schwellungen weg waren, konnte man das Ergebnis erst so richtig erkennen. Alles sieht so aus, wie es aussehen sollte. Das einzige, was einen verrät, sind die seitlichen Narben. Aber die sind mittlerweile auch relativ unauffällig.

Vielleicht fasse ich einfach die 1,5 Jahre seit meinem letzten Post zusammen:

Die Schmerzmittel (Ibu und Paracetamol) konnte ich nach meinem letzten Post relativ schnell vollständig absetzen. Ich würde auch dazu raten, die Schmerzmittel so schnell wie möglich wegzulassen. Bei meinem Blutbild, das etwa 1 Monat nach der OP gemacht wurde, waren meine Leberwerte aufgrund der Schmerzmittel sehr hoch, gingen nach dem Absetzen aber genauso schnell wieder zurück.

Mein Physio - ein Freund von mir, den ich vom Sport kenne - hat mich, nachdem zwei Wochen lang nur Lymphdrainagen durchgeführt wurden, gewissermaßen ins kalte Wasser geworfen. Schon in der dritten Woche hat er mich Bankdrücken machen lassen. Als er mir das angekündigte, hielt ich es zuerst für einen Witz, aber es ging erstaunlich gut. Das Gewicht war natürlich sehr niedrig und ich musste mich erst überwinden. Aber sobald ich mich etwas an die Bewegungsabläufe gewöhnt und vertrauen gefasst hatte, dass mich die Stange nicht zerquetschen könnte, lief es super und hat Spaß gemacht. Generell glaube ich, dass man sich nach der OP erst wieder an alles gewöhnen muss. Man sollte nicht übermütig sein, aber auch nicht zu große Bedenken und Ängste haben. Es geht mit den Bügeln mehr, als man denkt. Mir half es sehr, dass ich einen guten Physiotherapeuten hatte, den ich schon länger kenne und der mich nicht mehr als nötig geschont hat. Generell kam nach und nach immer mehr Bewegung und Sport in meinen Alltag zurück. Und gerade beim Schwimmen, was ich für den Anfang sehr empfehlen kann, und beim Joggen war der Effekt, wieder mehr Luft zu haben, sehr motivierend.

Seit der OP war ich noch zweimal in der Sprechstunde in Großhadern, beide Male bei Dr. Fertmann, der als Oberarzt für die Trichterbrust-Eingriffe zuständig ist und auch bei meiner OP assistiert hatte. Beim ersten Mal, etwa im März 2023, war ich dort, weil ich auf den linken Rippen wesentlich mehr Druck von den Bügeln spürte als recht und dort teilweise auch noch mehr Schmerzen hatte. Deshalb hatte ich Sorgen, dass da etwas nicht stimmte. Es wurde in der Klinik ein Röntgenbild gemacht und beide Bügel lagen so, wie sie liegen sollten. Dr. Fertmann meinte, dass der Druck normal sei, weil sich der knöcherne Brustkorb mit der Zeit umbilden würde und erst die Position einnehmen müsste, in die ihn die Bügel zwingen - etwa so wie eine Zahnspange die Zähne in eine andere Position zwingt. Trotzdem nahm er alles sehr ernst und bat mir an, dass ich in einer speziellen Schmerzambulanz betreut werden könnte. Das Gespräch hatte mich aber schon beruhigt und die ohnehin nur leichten Schmerzen sowie der linksseitige Druck ließen mit der Zeit auch nach. Das zweite Mal war im Frühling diesen Jahres: Ich hatte beim Schwimmen einen Tritt seitlich auf den Brustkorb abbekommen und hatte danach mehrere Tage große Schmerzen. Als ich im Sekretariat der Thoraxchirurgie angerufen hatte, wurde mir zunächst empfohlen, direkt in die Notaufnahme zu kommen, wenn die Schmerzen zu groß sind. Ich erhielt aber auch einen normalen Sprechstundentermin. Letztlich bin ich nur zu Letzterem gegangen. Auch dort wurde wieder ein Röntgen veranlasst, wieder hatte sich nichts an den Bügeln verschoben. Ich hatte nur eine Thoraxprellung, die zwar weh tat, aber mit Schmerzmitteln auch erträglich war. Generell kann ich über die thoraxchirurgische Abteilung in Großhadern nur Gutes berichten: Alle Ärzte sind in meinen Augen sehr kompetent und freundlich. Man wird dort immer ernst genommen und man bekommt bei allem (auch mit dem Papierkram) jederzeit Hilfe. Ich hatte auch nie viel Wartezeit auf Termine, Rückfragen wurden genauso schnell beantwortet. Die Bügelentfernung in voraussichtlich etwas mehr als einem Jahr werde ich definitiv auch wieder dort machen lassen. Und wenn ich mich nochmal am Thorax operieren lassen müsste, dann sicher auch wieder dort. Ich war erst vor Kurzem wegen einer anderen Sache stationär in zwei anderen Kliniken und kann nur sagen, dass das LMU Klinikum meiner Meinung nach in eigentlich allen Belangen (Ärzte, Pflegepersonal, Betreuung, Essen, Zimmerausstattung etc.) besser aufgestellt war.

Ob ich die OP nochmal machen würde, ist eine schwierig zu beantwortende Frage, gerade im Nachhinein. Das ist in meinen Augen immer in etwa so, wie wenn einem als Schüler die eigenen Eltern erzählen, wie schön doch die Schulzeit war. Aus jetziger Perspektive kann ich nur sagen, dass ich mit dem Ergebnis wirklich sehr zufrieden bin. Mir geht es definitiv besser als vor der OP, sowohl körperlich (Lungenvolumen etc.) als auch vom Gefühl her (Scham, Lust sich oberkörperfrei zu zeigen etc.). Ich bereue die Entscheidung jedenfalls nicht. In meiner Lage und mit meinem Wissen von vor zwei Jahren würde ich die Entscheidung genau so wieder treffen: Ich war Student, konnte mir die Auszeit, die tatsächlich länger gedauert hat als geplant, sowohl zeitlich als auch finanziell leisten und war mit dem Zustand vor der OP optisch und funktional sehr unzufrieden. Die Schmerzen und Einschränkungen in den ersten paar Wochen nach der OP habe ich ehrlicherweise unterschätzt, wie sie wohl jeder unterschätzen würde, der noch nicht operiert wurde. Ich denke, am Schluss kommt es einfach darauf an, wie sehr man die OP will. Wenn der Wille stark genug ist, wird die OP einem die Schmerzen und Einschränkungen auch Wert sein.

Meine größte Sorge vor der OP war es, dass dabei etwas schief geht und nachher alles schlimmer ist als vorher. Mein Tipp dafür: Informiere dich. Schau dir Kliniken an, lass dich beraten, auch zu den Komplikationsraten, hole dir Zweit-, Dritt- oder auch Viertmeinungen ein. Ich hab mich damals für die LMU und gegen das Klinikum Bogenhausen entschieden, weil ich dort ein sichereres Gefühl hatte, dass die OP gelingen wird und mir zur Not besser geholfen werden kann. Ich konnte den Ärzten der LMU besser vertraut und zuletzt waren sie mir auch einfach sympathischer. Ich war mir sicher, dass mir die Ärzte von einer OP abgeraten hätten, wenn sie nicht indiziert gewesen wäre oder die möglichen Risiken die Vorteile überwogen hätten. Ich konnte mich schon im Vorfeld darauf verlassen, dass mir alle Fragen so genau wie möglich beantwortet werden und dass ich mich jederzeit wieder mit neuen Fragen und Anliegen an die Abteilung wenden kann, auch wenn ich zehnmal in die Sprechstunde komme. Die Sicherheit, dass ich die für mich richtigen Ärzte gefunden hatte, nahm mir ein wenig die Sorgen, dass etwas schief gehen könnte und erlaubte mir somit, meine Entscheidung stärker davon abhängig zu machen, was ich eigentlich will. Und ich wollte die OP.

Meine derzeit größte Sorge ist es, dass das aktuell schöne Ergebnis nach der Metallentfernung nächstes Jahr wieder dahin sein könnte, also die Angst vor einem Rezidiv. Mir wurde deshalb und wegen meines Alters schon zu Beginn empfohlen, die Bügel so lange wie möglich und medizinisch sinnvoll (in meinem Fall 3 Jahre) im Körper zu belassen. Bevor ich den Termin zur Entfernung ausmache, werde ich mich wohl noch einmal in der Sprechstunde beraten lassen. Ich weiß, dass man mich dort auch zu diesem Aspekt wieder gut informieren wird und dass ich niemandem lästig falle, wenn ich Fragen stelle.

Ich hoffe, ich konnte dir deine Fragen halbwegs gut beantworten. Falls noch etwas offen geblieben ist, schreib mir deine Fragen gerne nochmal hier in den Thread und ich gebe mein Bestes, sie zeitnah zu beantworten. Falls deine OP schon war oder kurz bevorsteht: Alles Gute!

Framussen

Hast du denn für deine Entscheidung auch mal im Klinikkompass geguckt? Die LMU scheint die Trichterbrust nicht sehr oft zu operieren (die LMU ist sicherlich eine der besten deutschen Kliniken im allgemeinen), 2022 wurde die Diagnose an der LMU 10 Mal gestellt, die OP Häufigkeit wird nicht beziffert.
Berlin Buch hingegen hat die OP mehr als 160, Ostercappeln 120 mal eingetragen. Tendenziell würde ich zu Kliniken mit hohen Zahlen raten. Gut, dass du aber Sicherheit hattest und ja auch alles so gut lief!

Häufig operieren sonst noch Offenburg (Dr Tarhan), die LungenClinic in der Nähe von Hamburg und weitere kann man gut im Klinikfinder der Krankenkasse herausfinden.

Ich muss mich auch noch entscheiden, bin schon 37 Jahre alt und habe keine Ahnung, ob ich das packe. Ich bin ein rezidiv Patient aus ,,alten Zeiten". Ich beneide dich, dass du dass schlimmste bereits hinter dir hast :)

Jo1996

Hallo Framussen,

um ehrlich zu sein hatte ich, als ich mich erstmals über das Thema Trichterbrust informierte, einfach gegoogelt. Vermutlich sowas wie "Trichterbrust München". Generell ist mir die Arztsuche etwas schwer gefallen...

Erstmals auf die Diagnose hingewiesen hatte mich mein Hausarzt, der Untersuchungen vor einer anderen OP machen sollte und unmittelbar danach - unabhängig von meinem Hausarzt - der Anästhesist, der die Narkose in der Tagesklinik gemacht hat. Davor wusste ich nicht mal, dass meine Brust potenziell einen Krankheitswert aufweist. Ein paar Wochen später fragte ich mal meinen Orthopäden zu dem Thema, der sich damit aber nicht sonderlich gut auszukennen schien und das Thema mit einem Satz ("sowas ist immer kosmetisch") abbügelte. Nach ein paar Internet-Recherchen war ich auch noch bei einem anderen Orthopäden, bei dem ich etwas ähnliches gesagt bekam. Meiner Erfahrung nach sind Orthopäden für das Thema nicht die geeignetsten Ansprechpartner. Weil ich viele Fragen hatte, die mir niedergelassene Ärzte nicht beantworten konnten, kam es dann zu der oben genannten Google-Recherche. Ich wollte mich einfach möglichst in der Nähe mal zum Thema Trichterbrust beraten lassen, ohne dass zu diesem Zeitpunkt schon eine OP im Raum gestanden hätte; das kam alles erst später. Für eine erste Beratung wäre mit der Weg nach Berlin und Co. zu weit gewesen. In München fand ich dann im Wesentlichen die LMU, das Klinikum Bogenhausen und einen Arzt, der Silikonimplantate machte. Weil Silikonimplantate jedoch das medizinische bzw. funktionale "Problem" nicht beheben, war die Wahl auf die LMU (Großhadern) und das Klinikum Bogenhausen beschränkt. Zur LMU bin ich dann letztlich, weil es auf deren Website eine recht informative Rubrik zum Thema gab, man zur Terminvereinbarung einfach anrufen konnte (im Klinikum Bogenhausen musste man gefühlt erst 10 Online-Formulare ausfüllen, und wurde dann doch erst Tage später zurückgerufen), der allgemeine Ruf der LMU - wie du auch schreibst - zumindest gefühlt besser ist als der vom Klinikum Bogenhausen und weil ich ohnehin im Münchner Süden, also näher an der LMU in Großhadern als am Klinikum Bogenhausen wohne.

Nach dem ersten Beratungsgespräch an der LMU hatte ich mich dann zwar noch über andere Kliniken informiert, allerdings sehr oberflächlich: Eher so nach dem Motto "wer macht das in Bayern/Süddeutschland sonst noch" und "welche Klinik hat dazu etwas halbwegs Informatives auf der Website stehen". Klinikfinder hab ich nicht benutzt, soweit ich mich erinnern kann. Als ich mit den Unterlagen der LMU verschiedene Fachärzte abgeklappert habe, die das CT, die Lungenfunktionstest usw. machen sollten, und auch bei der Zweiteinschätzung in Bogenhausen wurde mir aber immer wieder versichert, dass man für die OP bei der LMU in guten Händen sei und der Chefarzt Prof. Hatz (ich hatte damals Anspruch auf Chefarztbehandlung) ein allgemein sehr guter Operateur sei. Ich hatte mich auch ansonsten an der LMU gut aufgehoben gefühlt, sodass ich für die Klinikentscheidung dann gar nicht so viel Aufwand betrieben habe. Vielleicht war es ein wenig naiv und unreflektiert, sich keine Zahlen anzusehen, keine Ahnung. Ich hatte mich hauptsächlich auf die Empfehlungen meiner Fachärzte ("Experten") und mein Gefühl verlassen und bin damit letztlich ganz gut gefahren. Für die OP weit zu fahren, kam mir umgekehrt nie groß in den Sinn.

Sidestory: Als der neue Bundes-Klinik-Atlas an den Start ging - also noch bevor die Suchmöglichkeiten wieder beschränkt wurden - hab ich aus Interesse mal die Diagnose Trichterbrust eingegeben und mir Kliniken anzeigen lassen. Ich war sehr erstaunt, dass vielen Kliniken trotz sehr unterschiedlicher Fallzahlen (z.B. Berlin so um die 160, LMU ungefähr 12) "sehr viele Behandlungsfälle" (grün) bescheinigt wurden. Klar, das hängt mit der Epidemiologie zusammen, also wie viele Menschen überhaupt an der jeweiligen Krankheit leiden. Aber ich denke, dass mir dieses Radarsystem damals bei meiner Wahl nicht wirklich geholfen hätte. Auch ansonsten kann man als Laie die tatsächliche Expertise der Operateure meiner Meinung nach immer noch schwer einschätzen: Vielleicht operiert jemand sehr häufig, aber nicht ganz versiert und hat daher viele Komplikationen, während der andere zwar nur selten, aber sehr erfolgreich operiert? Fallzahlen sind das Eine und sicherlich ein guter Indikator für Erfahrung. Aber wenn man seine Arztwahl wirklich zahlengestützt optimieren wollte, bräuchte man definitiv noch mehr Daten, z.B. Komplikations- und Rezidivraten. Für mich wäre auch wichtig gewesen, wie gut die jeweilige medizinische Einrichtung Komplikationen beherrschen kann. Da ist ein Maximalversorger, der in allen Disziplinen renommiert und versiert ist, vielleicht besser aufgestellt als eine hoch spezialisierte Fachklinik? Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich kurz vor der OP auch hier im Forum noch einen Erfahrungsbericht aus Großhadern gelesen hatte. Eigentlich zu spät, weil die Entscheidung schon gefallen war. Aber dieser einzelne (positive, aber ehrliche) Erfahrungsbericht hatte mich mehr beruhigt, als es irgendwelche Zahlen gekonnt hätten. Wohl alles eine sehr individuelle Angelegenheit. Aber das sind spontan meine Gedanken zum Thema Klinikkompass, Klinikatlas und Co. Würde mich über deine Einschätzung dazu freuen :)

Viele Grüße!