MDK-Ablehnung - was jetzt?

Begonnen von kiza, 11. April 2014, 12:54:14

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

kiza

Hi,

Hab nach fast 4 Monaten jetzt endlich ne Antwort bekommen und natürlich die nicht erwünschte. "Leider" können sie meine geforderte Trichterbrustoperation nicht übernehmen. Bin bei der AOK.

Zu mir:
21, 1,92 cm groß, ~90kg schwer, 7.5 cm (35%) Einsenkung, flächenhafter Befund der Einsenkung, Rippeneversion, symmetrisch mit progredienter Beschwerdesymptomatik

Abgegeben wurden:
Arztbrief des Prof. Schaarschmidt, Fotodokumentation, Stellungnahme des überweisenden Hausarztes

Gründe des MDKs:
- keine "entstellende Wirkung"
- keine dokumentierte Belastungstachykardie, die auf die Trichterbrust zurückzuführen ist [sehr fadenscheinig, da man ja nicht alles dokumentiert, wenn man als Kind die 2000m Strecke als einziger nicht schafft ...]
- kein Grund, dies in Berlin durchführen zu lassen, das gehe auch beim lokalen Uniklinikum [ja, nach Ravitch, mit irgendeinem Wald-und-Wiesen-Chirurgen, ... wozu fährt man denn zu einem weltweit anerkannten Pectusspezialisten?]

Wie nun am klügsten vorgehen?

- Zum überweisenden Hausarzt gehen und ihm dies schildern?
- Termine beim Kardiologen/Pneumologen machen um Leistungseinschränkung festzustellen?
- Alte Unterlagen und Patientenakten vom Kinderarzt beschaffen, die häufige Infektanamnese und Lungenentzündung (lt. Schaarschmidt's Arztbrief typisch für TB-Patienten) belegen können?
- Beim Sekretariat des Prof. selbst anrufen und dies schildern? Er hatte dies während der Sprechstunde gesagt, falls es Probleme geben sollte.
- ?

Natürlich werde ich Widerspruch einlegen, das steht fest.

Eigentlich habe ich bei meinem Befund und des Arztbriefes vom Prof nicht wirklich mit einer Ablehnung gerechnet, aber das kann ich jetzt auch nicht ändern.

Irgendwelche Ideen?

Liebe Grüße


ex.pectus

#1
Ich fange mal ganz allgemein an:

Wenn jemand wissen will, wie leistungsfähig er ist, kann er bei einem Arzt einen Belastungs- bzw. Leistungstest machen lassen. Wenn er das "einfach so" machen lassen will, muss er das selber bezahlen (IGeL). Das gilt auch für viele andere medizinische Massnahmen oder Gesundheitsprodukte, wenn bestimmte Kriterien eben nicht vorliegen. Ob das in irgendwelchen Patientenforen heiß empfohlen wird oder nicht, spielt keine Rolle.

Einen Leistungstest beim Kardiologen müssten also nicht nur Sportler selber bezahlen, die wissen wollen, wie ihr Leistungsstand ist, sondern auch Leute, die wissen wollen, ob sie "krank" sind bzw. wie "krank" sie sind. Und zwar ganz egal, ob sie das für sich privat wissen wollen oder zur Vorlage bei irgendeiner Behörde oder dem MDK. Zur Kassenleistung wird der Leistungstest erst, wenn er medizinisch notwendig ist. Das entscheidet der Arzt, der aber seine Entscheidung ggü. der KK auch im Überprüfungsfall verantworten muss (Regressforderungen). Abgesehen von diesem finanziellen Aspekt spielen natürlich auch weitere Gründe eine Rolle: Auslastung der Praxis, Zeit für Wunsch-Leistungen, Eingehen auf Wünsche des Patienten.

->
Wenn man mit tatsächlichen Leistungseinschränkungen zum Arzt geht, und zwar mit dem entsprechenden Leidensdruck, den die Leistungseinschränkungen verursachen, dann wird im Rahmen der Diagnostik und Therapie mit einiger Sicherheit auch ein Leistungstest gemacht werden, wenn die Leistungseinschränkungen nicht zwischenzeitlich von selbst oder durch die bisherige Therapie verschwunden sind.

Wenn man einfach nur zum Arzt geht und von ihm einen Leistungstest verlangt (auch wenn der für den MDK bzw. eine TB-OP sein soll), kann es sein, dass der Arzt sich mehr oder weniger offen weigert bzw. einfach nur nicht "mitmacht".

Ende des Beispiels

Und genau das gleiche gilt sinngemäß für eine TB-OP. Eine TB-OP "einfach so" ist keine Kassenleistung. Es spielt auch keine Rolle, ob viele Betroffene in Foren von guten Erfahrungen damit berichten. Eine Trichterbrust selbst ist keine Krankheit. Das ist eigentlich unstreitig. Eine TB kann zu Krankheiten/Beschwerden/Einschränkungen führen. In dem Zusammenhang sollte man sich dann mal den Unterschried zwischen notwendigen und hinreichenden Bedingungen klarmachen. Eine Trichterbrust ist keine hinreichende Bedingung für irgendetwas. Nur weil man eine Trichterbrust hat, ist damit in Bezug auf Krankheiten/Einschränkungen/Beschwerden nichts, aber auch gar nichts gesagt. D.h. ohne entsprechende Krankheiten/Einschränkungen/Beschwerden steht man mit leeren Händen da (außer der TB).

Nur für die "entstellende" Wirkung der TB bzw. Thoraxdeformität würde alleine ausreichend sein.

D.h. ohne "entstellende" Wirkung braucht man also noch zusätzlich Krankheiten/Beschwerden/Einschränkungen, die auf die TB zurückzuführen sind.

Und bei diesem "zurückzuführen" besteht eben das umgekehrte Problem, dass man bei den in Betracht kommenden Krankheiten/Beschwerden/Einschränkungen nicht automatisch sagen kann, dass diese auf eine TB zurückzuführen sind. Insbesondere bei "Allerweltsbeschwerden" und einer nur wenig ausgeprägten TB, dürfte es schwerer werden, einen ursächlichen Zusammenhang zu begründen bzw. nachzuvollziehen.

Eine Möglichkeit, diesen Zusammenhang noch überzeugender dazustellen, scheint mir zu sein, andere Ursachen auszuschliessen.

Zitat von: kiza am 11. April 2014, 12:54:14
mit progredienter Beschwerdesymptomatik

wurde irgendwo in den Unterlagen ausgeführt, um welche Beschwerden es sich handelt?

Zitat von: kiza am 11. April 2014, 12:54:14
- keine dokumentierte Belastungstachykardie, die auf die Trichterbrust zurückzuführen ist [sehr fadenscheinig, da man ja nicht alles dokumentiert, wenn man als Kind die 2000m Strecke als einziger nicht schafft ...]

Wenn das mit der 2000m Strecke von deiner Seite bzw. der Seite deiner Ã,,rzte alles ist, dann ist das für mich ziemlich dürftig. Mehr kardiologische Diagnostik gibt es nicht?

Und was heißt "2000 m nicht geschafft"? In einer bestimmten Zeit nicht geschafft oder ohne Zeitbegrenzung nicht geschafft? Trotz entsprechendem Training nicht geschafft usw.?
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite

kiza

Nein meine Ausdauer ist ziemlich erbärmlich, gerade für einen 21-Jährigen.

Wurde auch ausgemustert direkt (musste nicht mal zur Musterung erscheinen). Habe offenbar auch eine Ausprägung asthma bronchialis, obwohl ich keine der Krankheit üblichen Anfälle gezeigt habe und auch kein Spray benötigte. War eine längere Zeit als Jugendlicher beim Pneumologen um eine Desensibilierungstherapie gegen Hausstaub zu machen.

Bin sehr oft kurzatmig, längere Belastungstätigkeiten gehen kaum. Das meinte ich damit. Laufen im Sportunterricht wurde zu einer echten Tortur, und oft auch peinlich.

Ja, es handelt sich um Rückenschmerzen, Druckgefühle am Thorax bei schwereren Anstrengungen, Belastungstachykardie und eine gehäufte Infektanamnese mit schwerer Lungenentzündung im Kindesalter. Dies steht im Arztbrief und lt. Schaarschmidt wohl im Zusammenhang mit der TB.

ex.pectus

#3
Ein Patenrezept für die KK bzw. den MDK kenne ich auch nicht. Allerdings scheinen mir einige Dinge wichtig und einige eher unwichtig zu sein.

zu den unwichtigen zählt meiner Meinung bspw. folgendes:

Du hast das 2x betont, dass die Infektanamnese im Kindesalter lt. Prof. Schaarschmidt im Zusammenhang mit der TB steht bzw. für die TB typisch ist.

Hälst du das für wesentlich, wichtig oder irgendwie entscheidend? Wofür? Dass es sich a) tatsächlich um eine TB handelt? Oder dafür, dass b) von der TB noch aktuell irgendwelche gesundheitlichen "Gefahren" ausgehen?

zu a) Dass man eine TB hat, sollte man auch so erkennen (sog. Blickdiagnose).
zu b) Aus dem Kindesalter bist du doch schon lange heraus. Welche Relevanz soll das aktuell noch genau haben?

Aus Gründen der Vollständigkeit macht es sicher Sinn, wenn man in der Anamnese solche Details erwähnt. Aber dass die für eine OP-Entscheidung relevant sein könnten, glaube ich nicht.

und zu den eher wichtigen Dingen folgendes:

- möglichst ärztliche Erfassung und Abklärung aller relevanten im Zusammenhang mit der TB stehenden Beschwerden/Symptome/Einschränkungen
- nicht nur durch den Arzt, der an der TB-OP ein wirtschaftliches bzw. sonstiges eigenes Interesse hat
- möglichst nicht erst im unmittelbar zeitlichem Zusammenhang mit einer beabsichtigten TB-OP
- möglichst durch mehrere Ã,,rzte unabhängig voneinander
- der Zusammenhang mit der TB sollte dabei schon durch die jeweiligen Ã,,rzte selbst im Arztbrief direkt hergestellt werden (und nicht nur ein Interpretationsmöglichkeit von vielen sein)

Und zum letztgenannten Punkt: Auch wenn das das eigentliche Ziel ist, dass einem der Arzt quasi eine Empfehlung für eine TB-OP schreibt, ist der beste Weg, das zu erreichen, vermutlich nicht, dem Arzt einfach zu sagen, was er zu machen hat.
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite

kiza

Danke für das Feedback.

Ja, habe jetzt Widerspruch eingelegt, natürlich.

Jetzt heißt es einfach hoffen und wenn alles hart auf hart kommt, bezahl ich es halt einfach selbst.

Liebe Grüße.